Ganz in die Landschaft des südlichen Chiles einzutauchen, bedeutet in Puyuhuapi, sich in ein Erdloch mit dampfendem Wasser zu setzen. Das kann Romantik pur sein, denn durch die Kühle des Abends haben sich bereits zarte Nebelschwaden über den heißen Thermalquellen gebildet. Eine kleine Lampe wirft ihr diskretes Licht auf die üppigen Farne, deren überlange Zweige im Wasser schweben. Die übrige Landschaft ist in einem dunklen Nichts verschwunden. Da werden die Augen wie magisch von dem unvorstellbar klaren Nachthimmel Patagoniens angezogen. An diesem Abend überzieht die Milchstraße das gesamte Firmament und man glaubt, die Sterne mit den Händen herunterholen zu können. Nach einer Viertelstunde in dem vierzig Grad warmen Wasser breitet sich eine wohltuende Entspannung den Körper und der einzige Gedanke gilt nur noch dem Schlafen.
Etliche Hotelzimmer liegen direkt am Wasser des Fjords und für wenige Minuten hört man das leise Schlagen der Wellen gegen die Holzpfähle, dann ist die Müdigkeit übermächtig.
Anfang der neunziger Jahre entdeckten Christine Kossmann und ihr Vater Eberhard diesen Ort mit seinen heißen Quellen: „ein Segeltörn brachte uns zufällig in die Bucht von Bahia Dorita“. Aus einem ehemaligen halb verfaulten Bretterverschlag ist Puyuhuapi Lodge & Spa entstanden. Die Kossmanns haben die Architektur ihres Hotels den typischen Pfahlbauten auf der Insel Chiloé nachempfunden, um diese unberührte Landschaft möglichst wenig zu verletzen. So führt auch keine Straße zum Hotel und niemand kann auf einen schnellen Transfer hoffen.
Nirgendwo wird deutlicher: der Weg ist das Ziel, denn die Anreise dauert länger als einen halben Tag. Aber sie entschädigt mit unvergesslichen Eindrücken aus dem Patagonien Chiles, das mit seiner Weite und Einsamkeit verzaubert. Nichts als grünblau schimmernde Fjorde und endlose dichte dunkelgrüne Wälder. Bei soviel Wasser ist eine Behandlung mit Thalasso und Algen ganz authentisch. Eine grünbraune Masse von pulverisierten Algen wird als dicke Maske auf den Körper aufgetragen. Um die Wirkung intensiver zu gestalten, wird man für 15 Minuten in eine Art wärmenden Schal gewickelt. Bei einer Temperatur von 34 – 37 Grad können die Mineralien besser in die oberen Hautschichten der Epidermis eindringen. Mal wieder durchdringt den Körper dieses wohlige Gefühl von Entspannung.
Am frühen Morgen kommen die schwarz-weißen Killerwale in die Bucht, bei jedem Auftauchen blasen sie ihrem Atem in die kalte Luft und für Sekunden schweben kleine Nebelfetzen über dem Wasser. Der Besuch vor dem Hotel hat sich für den Seelöwen, übermütig wirft er die Reste eines Lachses nach oben. Laut fluchend eilt der Fischer herbei und holt das leer gefressene Netz ein. Kaum schickt die Sonne etwas Wärme in die Bucht, leihe ich mir ein Kanu und erkunde die nächste Umgebung des Fjords. Niemand zu sehen und niemand zu hören. Das Wasser ist glatt wie ein Spiegel. Perfekte Wellness für die Seele.
Dagmar Kluthe
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© Fotos: Dagmar Kluthe