Reisebericht


Die Karibikinsel St.Vincent


Veröffentlicht am 02.09.2013 von Dagmar Kluthe in der Kategorie .
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„The system doesn’t move“ heißt es, wenn in jenen Oktobertagen mal wieder der Regen niederprasselt, als wolle er die Karibikinsel St. Vincent ersäufen. Ein Wirbelsturm kreist drohend über der Karibik und hat die Bahamas schon tüchtig gezaust. Für die Inselgruppe der Grenadinen, viel weiter südlich gelegen, bleiben heftige Gewitterschauern übrig. Wie an diesem Morgen, als dicke Tropfen aus den sattroten Blüten des Hibiskus kullern, die im Garten des Hotels Grenadine House stehen. Wenig später hört man die Klänge von Militärmusik aus dem Stadion der Hauptstadt Kingstown, dort feiert man den Unabhängigkeitstag der Grenadinen, die 1979 in das Commonwealth entlassen wurden. Die größte Insel des Archipels ist St. Vincent und liegt 70 Kilometer westlich von Barbados.
Noch liegt eine sonntägliche Ruhe über der Insel, als wir zum Vulkan La Soufrière fahren. In zahllosen Kurven, in ständigem Auf und Ab folgt die einzige Straße der zerklüfteten Ostküste. Es ist die raue windige Hälfte der Insel im Gegensatz zum charmanten Westen mit seinen Badestränden. Hier schaut man auf das satte Grün von Bananenblättern und Kokospalmen, gegenüber donnern dunkelgraue Atlantikwellen gegen die felsigen Strände. Hinter dem Ort Georgetown geht es zum Parkplatz im Rabacca Valley, wo der Pfad zur Besteigung von La Soufrière beginnt. Als imposanter grüner Kegel ragt der 1234 Meter hohe Vulkan in den Himmel. Im Jahr 1979 ist er zum letzten Mal ausgebrochen, dabei wurde die gesamte Bergspitze durch eine Explosion weggesprengt.
Als wir losgehen, ist nichts vom Ziel unserer Wanderung zu sehen, denn der Kraterrand versteckt sich hinter einer dichten Nebelwand. Der schmale Weg führt durch dichten Regenwald, man sieht Lilien, Orchideen, Farne mit meterlangen Armen und mannshohen Bambus, dazwischen die Helikonia mit ihren aparten Blüten in leuchtendem Rot. Der Boden ist bedeckt mit verfaulten Bambusblättern, von dort zieht eine wohltuend feuchte Luft in die Nase. Mit wachsender Höhe erreichen uns die ersten Nebelschwaden, dann wird der Wald lichter und allein der schwarze Lavasand zeigt, dass das Ziel nicht mehr weit ist. Doch oben hockt unverrückbar eine dicke weiße Mütze, da gibt es keinen Panoramablick über das karibische Meer und kein Hinunterschauen in den gewaltigen Krater. Zu guter Letzt beginnt es auch noch zu regnen und etwas frustriert kehren wir zu den schützenden Blättern des Regenwaldes zurück.
Unten am Strand feiern die Menschen ihren Unabhängigkeitstag mit einem Barbecue. Neugierig halten wir bei Black Point, dort ragt die Küste spitz in das Meer und die Wellen schlagen besonders eindrucksvoll gegen die Felsen. Ganz spontan werden wir eingeladen zu gegrillten red snapper und chicken wings, dazu gibt es jede Menge lokales Hairoun Bier. Dicht gedrängt sitzen Freunde und Familien, alt und jung, auf den schmalen Bänken, aus offenen Autofenstern klingt Reggae-Musik. Das Fußballspiel am Abend, der eigentliche Höhepunkt des Nationalfeiertages, muss abgesagt werden, denn der Platz steht unrettbar unter Wasser.
Am nächsten Tag strahlt die Sonne von Himmel und nun können die karibischen Farben verzaubern. Ein idealer Tag für einen Ausflug zu den Tobago Cays in den südlichen Grenadinen. Nirgendwo soll das Wasser schöner sein.
Friedlich blubbert verlässt das Powerboot den Hafen Villa Bays, dann ist das offene Wasser erreicht und „Kapitän“ Earl gibt Gas. Vorbei an der Insel Bequia mit ihrer eindrucksvollen Berglandschaft, dahinter sind schemenhaft die Umrisse von Mustique zu erkennen. Erst bei Canouan Island wird das Boot langsamer, sehr malerisch sind die Liegestühle auf dem puderzuckerfeinen Sandstrand platziert. Doch keine Menschenseele ist zu sehen. „Am Vormittag sind die Gäste meist auf dem Golfplatz,“ sagt Earl, denn hier gibt es die schönste Anlage des Archipels. Vor etlichen Jahren hatte der New Yorker Milliardär Donald Trump die Insel als lohnende Investition entdeckt und nun steht sie auf die Liste der luxuriösen Ferienziele.
Eine Stunde später haben wir die Tobago Cays erreicht. Es ist ein Naturschutzgebiet aus vier winzigen unbewohnten Inseln, das durch das Korallenriff des Horseshoe Reef von der offenen See abgeschirmt wird. Ein sanfter Wind schaukelt kleine Wellen auf und verstärkt noch die Intensität feinster Nuancen von türkisblauem Wasser. Das ist Verführung pur zum Schwimmen und Schnorcheln. Ein Stückchen Paradies, das nur mit einer längeren Bootsfahrt zu erreichen ist.
Auf dem Rückweg machen wir Halt auf Mustique, diesem Ideal aus weißen Sandstränden in einsamen Buchten, wo geradezu malerisch dunkelblaue Karibikwellen anrollen. Am Hafen ist wenig zu spüren von diesem Stelldichein des internationalen Jetsets, ein paar Yachten schaukeln gelangweilt in der späten Nachmittagssonne. Ganz erwartungsvoll nähern wir uns dem legendären Treffpunkt von Basil’s Bar, das sich als ein schlichtes Ensemble von Wellblechhütten entpuppt. Aber die Leute, die sich dorthin kommen, beherrschen mühelos die Schlagzeilen der Yellow Press. Wie Johnny Depp, Mick Jagger, David Bowie, Tommy Hilfinger oder Bill Gates, die immer eine Story wert sind. Mustique ist ein Mekka des diskreten Reichtums, das vor bald fünfzig Jahren mit einer genialen Idee entstand. Damals schenkte der schottische Adlige Colin Tennant der glamour-verliebten englischen Prinzessin Margaret ein Stück Land auf seiner „Moskito-Insel“. Die Rechnung ging auf, denn schnell folgte die Rock-Society, ließen sich vermögende Musikrebellen wie Mick Jagger und David Bowie von der relaxten Mischung aus Luxus und Abgeschiedenheit begeistern. Daran hat sich bis heute wenig geändert, beinahe verschämt schimmern die Dächer der Villen durch das dichte Grün der Palmen. Wer es sich leisten kann, 85 dieser Prachthäuser sind für etliche Wochen oder Monate zu vermieten. Das könnte schon mal 30 000 Sfr für eine Woche kosten, natürlich mit Butler, Koch, Gärtner und Putzfee. Nicht inbegriffen ist ein gefüllter Kühlschrank.
Da schielt das bodenständige St. Vincent doch eifersüchtig auf eine solche Erfolgsstory, allzu gerne hätte man mehr und feinere Gäste.
Der Glücksbringer soll der neue Flughafen sein, um endlich Barbados als internationalem Drehkreuz in der Karibik Paroli zu bieten. Am Stadtrand von Kingstown wühlen schon die Bagger, damit in wenigen Jahren die großen Jets landen können und Investoren feine Hotels bauen. Der einzigartige „laid-back“- Charme der Grenadinen steht auf dem Spiel.

Dagmar Kluthe

  1. Die Grenadinen sind Dutzende von kleinen Inseln, die sich zwischen St.Vincent und Grenada auf eine Länge von 160 Kilometern erstrecken.
  2. Alle Infos unter www.svgtourism.com
  3. Hotels:
  4. Hotel Grenadine House, ein Hotel im Kolonialstil oberhalb des Zentrums von Kingstown gelegen. “http://www.grenadinehouse.com” www.grenadinehouse.com
  5. Young Island Ressort: auf einer Privatinsel stehen 27 Cottages, mit Restaurant, Spa und Tennisplatz. “http://www.youngisland.com” www.youngisland.com
  6. Es gibt zahlreiche Agenturen für Exkursionen wie Sailor’s Wilderness Tours “http://www.sailortours.com” www.sailortours.com
  7. Wer eine Villa auf Mustique mieten möchte: www.mustique-island.com

 


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