Reisebericht


Arganöl aus Marokko


Veröffentlicht am 29.10.2013 von Dagmar Kluthe in der Kategorie Afrika.
Schlagworte: Berber, ursprünglich.


Landschaft-ArganBaeume-Atlas

Arganöl ist in Mode. Man nennt es das Gold Marokkos, denn der hohe Anteil an Antioxidantien und Vitaminen, dazu achtzig Prozent an ungesättigten Fettsäuren machen dieses Öl zu einem begehrten Nahrungsmittel.

Arganbaum in El Amal

Nur im Südwesten Marokkos, im Hinterland der Atlantikküste zwischen Agadir und Essaouira stehen jene Arganbäume, die alleine schon durch ihr archaisch knorriges Aussehen viele Blicke auf sich ziehen. Kein Wunder, denn seit rund 80 Millionen Jahren gibt es den Argania spinosa, der früher in weiten Teilen Südeuropas verbreitet war. Seine Anspruchslosigkeit dürfte ein Grund für das lange Überleben sein, trotz der Bedingungen einer Halbwüste gedeihen kräftige dunkelgrüne Blätter und dazwischen blitzen die hellgelben Früchte hervor. Es ist Mitte Mai, die Ernte beginnt in wenigen Wochen und endet im September. Es ist eine mühsame Arbeit, nur die herunter gefallenen Früchte dürften aufgelesen werden. Den Baum zu schütteln wie es bei der Olivenernte üblich ist streng verboten, dadurch würden die knospenden Früchte für das kommende Jahr zerstört.

Arganfrucht Mitte Mai

Auf rund 820 000 Hektar wachsen rund 20 Millionen Arganbäume und sie sind Eigentum des Staates. Jeder darf sammeln und das Öl herstellen, und so stehen viele Bauern am Rand der Straße. Sobald ein Auto vorbeikommt, recken sie ihre Flaschen in die Höhe. Seit Jahrhunderten werden im Atlasgebirge die Argannüsse gesammelt, denn das Öl gilt als Heilmittel für Wunden und allerlei Wehwehchen.

Kooperative-El-Amal

Mit dieser Tradition sah die Chemikerin Prof. Zoubida Charrouf eine große Chance in der Förderung der Landfrauen und gründete 1996 ein Netzwerk von Frauenkooperativen. Heute besteht „Targanine“ aus 6 großen Kooperativen und mehreren kleineren Zusammenschlüssen, und es wird nur biologisch verarbeitetes Arganöl produziert.

Arganbaume-bei-Tamri-2

Entlang der Küste geht es von Agadir in Richtung Essaouira, in dem quirligen Dorf Tamri, bekannt für seine kleinen köstlichen Bananen, führt eine kurvige Straße hinauf in das Atlasgebirge zur Kooperative Tagmate in Azair.

Arbeiterinnen

Schon von weitem hört man das vielfache Klopfen von Stein auf Stein, über Stunden ein immerwährender Rhythmus, dazu Stimmen mit den kehligen Lauten der Berbersprache. Gut dreißig Frauen sitzen in einem Raum, alle mit dem Rücken an der Wand, zwischen ihren ausgestreckten Beinen steht ein Sack mit dunkelbraunen Nüssen, dahinter ein großer Stein. Dort werden die Nüsse aufgeschlagen und es verlangt schon allerhand Geschick, die harte Schale an ihrer empfindlichen Stelle zu treffen. Dann tritt eine hellgelbe Mandel zum Vorschein, davon braucht man sechs bis acht Kilo für einen Liter des begehrten Arganöls.

Aufschlagen-Argannuesse

Ganz traditionell mit einer Handpresse, oder einer automatischen Presse  für größere Mengen wird dann das Öl gewonnen, wobei die Mandeln für die Gastronomie zuvor geröstet werden, um einen nussigen Geschmack zu bekommen. Nach etlichen Tagen Ruhezeit gelangt die Ware zum Flughafen nach Agadir, um nach Europa gebracht zu werden. Gut 60 Prozent des Arganöls wandert in die Kosmetik, da ist der Konzern L’Oreal ein großer Abnehmer, und das übrige wird zum Verfeinern der Speisen verwendet.

Für die Berberfrauen in dem karg besiedelten Atlasgebirge ist diese Arbeit die einzige  Gelegenheit, aus der totalen Abhängigkeit ihrer Männer heraus zu kommen. Dabei ist es immer ein schwerer Anfang, sich gegen den Mann und die Familie zu stellen, um ein wenig eigenes Geld zu verdienen. Pro Tag beträgt der Lohn ungefähr vier Euro, dabei kann die Frau selbst entscheiden, wie oft sie in der Woche kommen möchte. Erstmal an eine gewisse Disziplin gewöhnt, schätzen viele die Gemeinschaft, denn neben der Arbeit können sie schreiben und lesen lernen, besuchen Kurse zum Nähen und Sticken. Heute werden mehr als 2 Millionen Menschen rund um das Arganöl beschäftigt.

Atlasgebirge

Wie gut es schmeckt, lässt sich gleich in der Kooperative von Azair testen. Da kommen der berühmte Thymianhonig, das feine Arganöl und Amlou, eine Mischung aus Mandeln, Honig und Öl auf den Tisch. Verkostet wird mit einem Stück Fladenbrot. Der nächste Gang ist das traditionelle Gericht der Tajine, heute mit Lamm, viel Gemüse und Pflaumen, verfeinert mit ein paar Tropfen Arganöl. Den Abschluss bildet ein Glas heißen Pfefferminztees, ein absolutes Muss in Marokko.

Man-isst-mit-der-Hand

Wie immer, wenn nur der Rohstoff geliefert wird, bringt erst die Weiterverarbeitung den richtigen Verdienst. Da macht das Arganöl keine Ausnahme, denn nur wenige Milliliter des wertvollen Öls lassen die Preise für Kosmetik in die Höhe schnellen. Das ist Fadma von der Kooperative Taitmatine bei Taroudannt sehr wohl bewusst. Die aktuelle Geschäftsführerin hat Marketing studiert und besucht viele Messen im In- und Ausland. „In Westeuropa werden zahlreiche Zertifikate verlangt, um Kosmetik zu verkaufen,“ sagt sie, das koste sehr viel Zeit und Geld und würde die Möglichkeiten einer kleinen Kooperative übersteigen.“

Alleine für den marokkanischen Markt produziert diese Kooperative mit ihren 60 Frauen verschiedene Seifen, Cremes und Haarpflegemittel. Zahlreiche Besucher machen einen Stopp, denn der geräumige Laden liegt direkt an der Hauptstraße von Agadir nach Taroudannt. Für einen Bruchteil des Preises kann man einkaufen, kein Vergleich zu den chic aufgemachten Produkten in Westeuropa und den USA. Da geben Schauspielerinnen wie Christine Kaufmann oder das Model Josie Maran gerne ihren Namen für Kosmetik. Allerdings kostet schon ein kleines Fläschchen zwischen 30 bis 40 Euro. Auch das Arganöl zum Essen ist ein teures Vergnügen, 500 ml aus dem biologischen Anbau einer Kooperative liegen bei knapp 40 Euro.

Dagmar Kluthe

© Fotos: Dagmar Kluthe

Erschienen in

BNN3.53.35

  1. Viele Kooperativen kann man besuchen und den Frauen bei der Arbeit zuschauen. Das Fotografieren der Frauen bei der Arbeit ist etwas heikel, viele verschwinden, sobald sie eine Kamera sehen.
  2. Hilfestellung gibt die deutsche Vertretung von Targanine www.cooperativen-arganoel.de
  3. Essaouira
  4. Übernachtung
  5. Riad La Mimounia www.riadmimounia.com
  6. Der ehemalige Palast liegt an der Stadtmauer zum Hafen mit herrlichem Blick über das Meer.
  7. Essen
  8. Cafe Taros www.taroscafe.com
  9. Besonders schön sind die Abende auf der Dachterrasse, gute Musik, gute Drinks und qualitätsvolles Essen.

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