Reisebericht


Wellness Weltweit I – Ananda Spa in Nordindien


Veröffentlicht am 24.07.2007 von Dagmar Kluthe in der Kategorie Asien.
Schlagworte: Ashram, Ayurveda, Ganges, Himalaya, Shivananda, Yoga.


Vorsichtig blinzele ich durch den Leinenstoff, der über meinen Augen liegt, und sehe den Schatten eines Messinggefäßes. Über meinem Gesicht hängt ein Topf mit warmem Dosha-Öl, das beinahe unmerklich an langen Fäden auf meine Stirn fließt. Shirodhara oder Stirnguss heißt die Behandlung und sie soll das Erinnerungsvermögen verbessern und den Schlafrhythmus günstig beeinflussen.

Ananda-Spa LobbyAnanda - Shirodhara

Ganz langsam bewegt sich der Topf von rechts nach links und dann wieder zurück. Man spürt, wie das Öl über die Stirn immer mehr in die Haare vordringt, bis schließlich der ganze Hinterkopf in fettigem Einerlei schwimmt. Die Wärme und das gleichmäßige Wandern des Topfes über dem Gesicht machen schläfrig, wäre da nicht die harte Liege aus massivem Manjok-Holz. Irgendwann beginnen die Schulterblätter und der Rücken zu schmerzen. Tapfer versuche ich mich zu entspannen und an etwas Schönes zu denken. Dann bleibt der Topf stehen und mit dem Leinenstoff wird die Stirn abgewischt. „Bitte aufsetzen“ sagt Maggie, eine der beiden Therapeuten und ziemlich ungelenk ziehe ich mich nach oben. Sofort werden die steifen Muskeln massiert. „Gehen Sie in die Dusche“, sagt Maggie und reicht mir eine kleine Bronzeschale mit einer curryfarbenen Masse. „Es ist ein Peeling für Körper und Gesicht. Bitte keine Seife verwenden!“ Mit diesem Tipp verschwinde ich in der Dusche, reibe die Haut ab und bekomme noch ein Spezialshampoo. Gleich viermal wasche ich mir meine Haare, bis ich endlich das Gefühl habe, das Öl sei nun verschwunden. Dann geht es in den Ruheraum mit weiß bespannten Liegen, auf ein Tisch stehen Tassen mit Kräutertee.

Es ist kurz vor sechs Uhr abends und als gelbroter Ball versinkt die Sonne am subtropisch grauen Himmel. Ein leichter Wind fährt durch die harten Blätter des Bambus und sie rascheln an den großen Glasscheiben, die den Blick in die Landschaft freigeben.

Ananda - Blumen fr das Abendgebet

Ein halbe Stunde später ist es stockdunkel, aber beim Abendessen auf der Terrasse stehen Windlichter auf den Tischen und zaubern eine höchst romantische Stimmung. Durch die Bäume sieht man den beleuchteten Palast des Maharadschas von Tehri-Garhwal. Im Jahr 1895 wurde die imposante Residenz gebaut, als Zufluchtsort vor der brütenden Hitze des sommerlichen Delhis, und als repräsentatives Aushängeschild des Maharadschas. Zweihundert Kilometer nördlich von Indiens Hauptstadt, liegt der Palast hoch über dem Doon-Tal und bei guter Sicht schaut man auf die verschneiten Berge des Himalaya. Hier weht häufig ein kühlender Wind und lässt die heiße Sonne vergessen. Während der Zugehörigkeit Indiens zum Britischen Empire war dieser Palast ein beliebter Ausflugsort der Mächtigen, so gehörte der Vizekönig Lord Mountbatten mit seiner Familie zu den häufigen Gästen. Daher wurde der Vice Regal Palast angebaut und die Vice Regal Suite ist das nostalgische Aushängeschild des heutigen Ananda Resorts.

Ananda - Palast des Maharadschas von Tehri Garhwal

Ananda - Rishikesh am Ganges

In der Küche hat man sich ganz auf gesundes Essen eingestellt. Zwar fehlen weder berühmten Currys noch Tandoori-Gerichte auf der Menükarte, doch Salz und Gewürze werden nur sehr sparsam verwendet. Dazu trinkt man Bier oder australischen Chardonnay.

Nur ein Glas heißes Wasser gibt es zu den ayurvedischen Mahlzeiten, die nach den jeweiligen Doshas zubereitet sind. Das Ananda Resort hat sich auf diese alte indische Heilmethode des Ayurveda spezialisiert und wer es ernst meint, wird vor den Behandlungen von einem Arzt untersucht und nach dem Konstitutionstypen Kapha, Vata oder Pitta eingeteilt.

Gegen elf Uhr abends ist das Restaurant leer, denn alle Gäste sind in ihren Zimmern verschwunden. Ich setze mich noch ein paar Minuten auf meinen Balkon und schaue auf die blinkenden Lichter von Rishikesh. Diese Stadt mit ihren 100 000 Einwohnern ist der Mittelpunkt aller New Age-Bewegungen und Yogalehren. Durch die Beatles ist dieser Ort am jungen Ganges weltberühmt geworden, die 1968 im Ashram von Maharishi Mahesch Yogi wohnten, der momentan geschlossen ist. Es gibt zahllose Ashrams in Rishikesh, darunter das sehr bekannte Sivananda.

Rishikesh - Swami Chidanand

Rishikesh - Aarti am Ganges mit Swami

Am nächsten Tag fahre ich nach Rishikesh, kurz vor Sonnenuntergang beginnt das Abendgebet des Aarti am Ufer des Ganges. Hellgrün und erfrischend kühl durchquert der heilige Fluss die Stadt, denn seine Quelle liegt rund 15 Autostunden von Rishikesh entfernt, in einem Tal des Himalaya auf knapp 4000 Metern.

Rishikesh - Aarti am Ganges, die kleinen Moenche 1

Auf den Stufen des Ghat, der heiligen Badestelle, drängeln sich nun die Menschen und schauen gebannt dem Feueropfer zu. Dabei werden Sesamkörner in eine Flamme aus geklärter Butter geworfen. Dann erscheint der geistige Führer des Parmarth Niketan Ashram, Swami Chidanand Saraswatiji und die Lobpreisungen in Sanskrit beginnen. Es sind fröhliche Lieder, begleitet von der ausdrucksvollen Stimme Swamis. Dann werden Blumenkörbchen, in denen eine Flamme brennt, in den schnell fließenden Ganges gesetzt und sind in wenigen Sekunden verschwunden.

Dagmar Kluthe

© Fotos Dagmar Kluthe

Erschienen in

Neue Presse

  1. Plus: eine sehr authentische Ayurveda-Erfahrung mit sehr geschulten Therapeuten
  2. Minus: wer sich nicht für Wellness interessiert, ist hier fehl am Platz.
  3. Info: www.anandaspa.com
  4. Anreise:
  5. Air France fliegt täglich von Paris Charles de Gaulle nach New Delhi Hin- und Rückflug sind in der Economy Class ab 633 € inkl. Steuer und Gebühren. Die Business Class gibt es ab 2208 €. www.airfrance.de
  6. Für die Weiterfahrt zum Ananda Resort gibt es die 4-stündige Reise im Dehradun oder Jan Shatadi Express von Delhi nach Haridwar, danach ein einstündiger Transfer zum Hotel.
  7. Ein 50 Minuten-Flug von Delhi nach Dehra Dun, der Hauptstadt des Bundesstaates Uttaranchal, mit Air Deccan www.airdeccan.net, danach ein 30minütiger Transfer zum Ananda.

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