Schon die Hauptstadt bietet die erste große Attraktion für einen Gartenliebhaber. Es ist das berühmte Palm House inmitten des botanischen Gartens von Belfast. Auch wegen des Wetters eine verlockende Aussicht, denn in Nordirland bleibt man kaum von einem tüchtigen Regenguss verschont.
Im Jahre 1828 als privater königlicher Garten gegründet, waren die Anlagen nur an Sonntagen für die Öffentlichkeit zugänglich, erst ab 1895 durfte dann Jedermann dort lustwandeln. Im Mittelpunkt steht das Palm House, das 1840 fertig gestellt wurde und damals durch seine ungewöhnliche Architektur seiner geschwungenen Eisenstruktur eine ungeheure Aufmerksamkeit erregte. Besonders weil das riesige Gewächshaus noch vor den legendären Glasgebilden in den Londoner Kew Gardens entstanden ist. Es gibt zwei Flügel, der eine mit Pflanzen wie Fuchsien, Geranien und Begonien, die kühlere Temperaturen lieben. Viel aufregender ist die »Fernery«, der feuchtere und wärmere Teil, denn schier endlose Varianten von Farnen sind hier zu sehen. Faszinierend wie unterschiedlich die Blätter in Größe, Form und in der Intensität von Grün sein können. Ohnehin bietet Irland ideale Bedingungen für Farne, denn sie lieben die Feuchtigkeit. Ganz charmant werden mikrofeine Regentropfen als „soft rain“ bezeichnet, der gerne über Stunden vom Himmel fällt.
Einen Katzensprung südlich von Belfast liegt Hillsborough Castle mit seinen Gärten. Es ist die Residenz von Queen Elizabeth, wenn sie nach Nordirland kommt und bei ihrem letzten Besuch 2011 haben ihre viele Menschen zugejubelt. Sehr eindrucksvoll liegt das Anwesen mit großem Park auf einem Hügel. Es ist kein Schloss, sondern ein imposanter Landsitz aus dem Ende des 18. Jahrhundert, das in seiner Mitte mit griechischen Säulen aufgeputzt ist, ganz im Geschmack jener Zeit. Schon viel politische Prominenz haben diese Wände gesehen, neben der königlichen Familie trafen sich hier 2003 der englische Premierminister Tony Blair mit dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten George Bush. Der erste wichtige Gast in der Ortschaft Hillsborough dürfte Benjamin Franklin gewesen sein, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, der 1771 etliche Tage hier verbrachte.
In dem weitläufigen Park lässt sich herrlich flanieren und sehr stolz ist Hillsborough Castle darauf, eine der längsten Hecken von Rhododendron vorzeigen zu können. Dort ist das späte Frühjahr wahrhaft ein Fest der Farben, zumal oftmals die wärmeren Temperaturen auf Nordirland nur kurze Gastspiele geben und daher die Blüten lange halten.
In dem Areal vor der Terrasse von Hillsborough Castle sind besondere Bäume zu sehen, darunter ein Taschentuch-Baum, der aus China stammt, und weiße Blüten in Form von kleinen Taschentüchern produziert. Mit der leichten Brise schmücken nun unzählige weiße hauchzarte Tücher den Rasen. Auch Mitglieder der königlichen Familie haben hier ihre Bäume gesetzt, man sieht die Hinweise von Prinzessin Elisabeth und ihrer Schwester Margaret aus dem Jahre 1947.
Jedes Jahr im Mai ist der Ort in aller Munde, dann findet die Hillsborough Garden Show statt. Es ist nicht nur ein Erfahrungsaustausch von Gartenfreunden, sondern hier treffen sich viele Familien, um an den vielen Ständen neue Dinge kennen zu lernen und einen entspannten Tag im Park zu verbringen.
Noch ein Stück weiter südöstlich liegt Rowallane Garden. Als Hugh Armytage Moore aus diesem Stück rauer Landschaft einen Garten machen wollte, schüttelten die Leute mit dem Kopf: „ hier kann nicht mal eine Ziege satt werden.“ Doch Moore ließ sich nicht beirren, und begann 1903 mit seinen Gärtnern neue Bäume zu pflanzen, Mauern zu setzen, Teiche anzulegen. Schon 1860 hatte sein Onkel diese mageren Wiesen erworben und nannte es Rowallane nach dem Familiensitz in Schottland. Heute sind es 21 Hektar und noch immer begeistert der Garten mit seiner Harmonie aus alten Bäumen, Rhododendren und Azaleen in allen erdenklichen Farben. Ein wahrer Hingucker sind die blauen Meconopis, eine Mohnart aus dem Himalaya, die das nordirische Wetter mit seinen ständigen Regen geradezu liebt. Auch die Hortensien wachsen hier in einer solchen Üppigkeit, dass deutsche Gärtner nur neidvoll schauen können.
Der Naturhafen Strangford Lough
Nach all der manikürten Schönheit der nordirischen Pflanzenwelt tut etwas ungezwungene Natur gut. Eine idyllische Landschaft aus einsamen Wasserflächen, sanften Wiesenhügeln mit wenigen Bäumen rahmt den Strangford Lough ein. Es ist ein Naturhafen, der durch die Ards Halbinsel von der Irischen See abgetrennt ist. Vor 9000 Jahren haben hier schon Menschen gelebt und so lassen sich viele Relikte aus prähistorischen Zeiten finden wie die aufgerichtete Steine, Grabhöhlen und Kreuze. Wahrscheinlich stammt der Name Strangford von den Wikingern, die mit ihren Langbooten das schnell fließende Wasser des engen Kanals nutzten, um diese Region zu erobern. Heute ist der Strangford Lough ein Mekka der Wasservögel, die oftmals hier überwintern. Auch Seelöwen kommen in die geschützten Buchten, die hier ihre Jungen zur Welt bringen.
An der schmalen Einmündung zum Meer liegen Strangford und gegenüber Portaferry. Der Mittelpunkt des kleinen Ortes ist das Hotel Portaferry, das mit seiner dunkelrosafarbenen Fassade zu den Häusern gehört, welche die Uferpromenade einrahmen. Beim Abendessen prasseln die Regenschauer gegen die Fensterscheiben und ein frischer Wind fegt durch die Bucht. Da könnte man keinen Hund vor die Tür jagen, aber die Pflanzen in Nordirland scheinen dieses Wetter zu mögen und die Menschen tragen es mit Gelassenheit.
Dagmar Kluthe
Fotos © Dagmar Kluthe
Erschienen in